Periodische Überprüfung der Schweiz

15. März 2013

Die Schweiz hält ih­re Ver­pflich­tun­gen ein, aber es fehlt ihr an Mut

Die Schwei­zer NGO-Platt­form Men­schen­rech­te ist zu­frie­den mit der Art und Wei­se, wie das EDA das Ver­fah­ren der «Uni­ver­sel­len Pe­ri­odi­schen Über­prü­fung» (Uni­ver­sal Pe­ri­o­dic Re­view, UPR) durch­ge­führt hat. Ei­ne brei­te Kon­sul­ta­ti­on der in­ter­es­sier­ten Krei­se, ins­be­son­de­re der Kan­to­ne und der Zi­vil­ge­sell­schaft, hat zum Er­folg des Ver­fah­rens bei­ge­tra­gen. In­halt­lich be­ur­teilt die NGO-Platt­form die Hal­tung der Schweiz we­ni­ger po­si­tiv: Die Zu­rück­wei­sung von vie­len wich­ti­gen Emp­feh­lun­gen zeigt, dass es der Schweiz an Mut fehlt. Die NGO-Platt­form wird die Um­set­zung der an­ge­nom­me­nen Emp­feh­lun­gen durch die kan­to­na­len und Bun­des­be­hör­den kri­tisch be­glei­ten.

Am 29. Ok­to­ber 2012 ha­ben et­wa 80 Staa­ten im Rah­men des Uno-Men­schen­rechts­rats to­tal 140 UPR-Emp­feh­lun­gen an die Schweiz ge­rich­tet, mit dem Zweck, die Men­schen­rechts­la­ge und -po­li­tik der Schweiz zu ver­bes­sern. Zu­vor hat­te die NGO-Platt­form ih­rer­seits 46 For­de­run­gen bei der Uno de­po­niert. Von die­sen wur­de nur knapp die Hälf­te be­rück­sich­tigt. Ins­be­son­de­re fehl­ten in den UPR-Emp­feh­lun­gen fast al­le Emp­feh­lun­gen für die men­schen­recht­lich be­son­ders heik­len Be­rei­che Asyl und Mi­gra­ti­on. Zum Ab­schluss des zwei­ten UPR-Zy­klus der Schweiz zieht die NGO-Platt­form fol­gen­des Fa­zit:

Die Schwei­zer NGO-Platt­form für Men­schen­rech­te stellt mit Ge­nug­tu­ung fest, dass sie von der Schwei­zer Re­gie­rung part­ner­schaft­lich in das ge­sam­te UPR-Ver­fah­ren 2012 ein­be­zo­gen wur­de und wie­der­holt Ge­le­gen­heit hat­te, die ei­ge­nen Po­si­tio­nen vor­zu­brin­gen. Auch be­grüsst die NGO-Platt­form die Tat­sa­che, dass der Bund die nö­ti­gen Schrit­te un­ter­nom­men hat, um die Kan­to­ne in den Ent­schei­dungs­pro­zess zu den zahl­rei­chen of­fen ge­hal­te­nen Emp­feh­lun­gen ein­zu­be­zie­hen. «Dass die Kan­to­ne ein­ge­bun­den wur­den, ist ein gu­tes Omen für die Um­set­zung der Emp­feh­lun­gen des Uno-Men­schen­rechts­rats», er­klär­te Alex Sut­ter von hu­man­rights.ch. «Man darf nicht ver­ges­sen, dass für die Um­set­zung von vie­len Emp­feh­lun­gen in ers­ter Li­nie die Kan­to­ne zu­stän­dig sind.»

Die Schweiz hat schliess­lich 99 der 140 Emp­feh­lun­gen ak­zep­tiert. Die NGO-Platt­form freut sich ins­be­son­de­re über die An­nah­me der fol­gen­den Emp­feh­lun­gen: ei­ne na­tio­na­le Men­schen­rechts­in­sti­tu­ti­on nach den Pa­ri­ser Prin­zi­pi­en zu schaf­fen, ei­nen Ak­ti­ons­plan zur Ras­sis­mus­be­kämp­fung zu er­stel­len so­wie ei­nen bes­se­ren Schutz der Op­fer von Men­schen­han­del her­bei­zu­füh­ren.

Im Ge­gen­zug be­dau­ert die NGO-Platt­form die statt­li­che An­zahl von zu­rück­ge­wie­se­nen Emp­feh­lun­gen (41 von 140). In vie­len Fäl­len war der feh­len­de po­li­ti­sche Wil­le das ein­zi­ge Hin­der­nis zu de­ren An­nah­me, et­wa bei der Ab­leh­nung, un­ab­hän­gi­ge Be­schwer­de­me­cha­nis­men für Fäl­le über­trie­be­ner Po­li­zei­ge­walt zu schaf­fen oder ei­ne Fol­ter­de­fi­ni­ti­on in das Straf­ge­setz­buch auf­zu­neh­men oder ju­gend­li­che In­sas­sen in Haft­ein­rich­tun­gen von den er­wach­se­nen In­sas­sen streng zu tren­nen.

«Die NGO-Platt­form be­dau­ert be­son­ders, dass ei­ne gros­se An­zahl an Emp­feh­lun­gen, wel­che das Pro­blem der Dis­kri­mi­nie­rung mit­tels ei­ner ver­bes­ser­ten Ge­setz­ge­bung an­ge­hen woll­ten, ab­ge­lehnt wur­den», stellt Alain Bo­vard von Am­nes­ty In­ter­na­tio­nal (Schwei­zer Sek­ti­on) fest. «Wir be­fürch­ten, dass dies als schlech­tes Zei­chen in­ter­pre­tiert wer­den muss und die Dis­kri­mi­nie­run­gen, von de­nen vie­le Men­schen be­trof­fen sind, so schnell nicht ver­schwin­den wer­den.»

Bei­na­he al­le Emp­feh­lun­gen, wel­che Ge­set­zes­än­de­run­gen mit sich ge­bracht hät­ten, wur­den ab­ge­lehnt. Aus Sicht der NGO-Platt­form zeigt dies ei­nen Man­gel an Mut beim Bun­des­rat. Er hät­te die zahl­rei­chen Emp­feh­lun­gen im Be­reich Dis­kri­mi­nie­rung durch­aus zum An­lass neh­men kön­nen, dem Par­la­ment zu si­gna­li­sie­ren, dass im Hin­blick auf ein fried­li­ches Zu­sam­men­le­ben in un­se­rem Land der Schutz be­nach­tei­lig­ter Per­so­nen ver­stärkt wer­den muss.

Feh­len­de un­ab­hän­gi­ge Kon­trol­le von Po­li­zei­ge­walt ist auch in Deutsch­land ein Pro­blem. Mit­te März 2013 hat die In­itia­ti­ve «Für ei­ne trans­pa­ren­te / bür­ger­freund­li­che Po­li­zei» den Men­schen­rechts­kom­mis­sar des Eu­ro­pa­rats so­wie die An­ti-Fol­ter-Ko­mi­tees der Ver­ein­ten Na­tio­nen in Genf und des Eu­ro­pa­ra­tes in Strass­burg ge­be­ten, Er­mitt­lun­gen durch­zu­füh­ren und die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land bzw. die po­li­ti­schen Ent­schei­dungs­trä­ger auf­zu­for­dern, ih­ren völ­ker­recht­li­chen und men­schen­recht­li­chen Ver­pflich­tun­gen nach­zu­kom­men.

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