Teilrevision der Statistikerhebungsverordnung

10. Juni 2013

Am 17. Mai 2013 hat das Eid­ge­nös­si­sches De­par­te­ment des In­nern (EDI) ei­ne An­hö­rung zu ei­ner ge­plan­ten Teil­re­vi­si­on der Sta­tis­tik­er­he­bungs­ver­ord­nung er­öff­net, wel­che be­reits am 14. Ju­ni 2013 en­det. Das EDI schreibt da­zu: «Die Sta­tis­tik­er­he­bungs­ver­ord­nung be­darf aus zwei Grün­den ei­ner Än­de­rung: Ei­ner­seits er­for­dert ei­ne neue­re EU-Ver­ord­nung, wel­che im Rah­men der Bi­la­te­ra­len Ab­kom­men für die Schweiz ver­bind­lich ge­wor­den ist, ge­wis­se An­pas­sun­gen des na­tio­na­len Rechts auf dem Ge­biet der Bun­des­sta­tis­tik; an­der­seits ist der Bun­des­rat vom Ge­setz­ge­ber be­auf­tragt wor­den, die Ein­zel­hei­ten sta­tis­ti­scher Da­ten­ver­knüp­fun­gen auf dem Ver­ord­nungs­weg zu re­geln.»

So­fern An­pas­sun­gen des na­tio­na­len Rechts auf­grund von EU-Ver­ord­nun­gen nö­tig sind, sind die­se auf Ge­set­zes- und nicht auf Ver­ord­nungs­stu­fe vor­zu­neh­men, bei­spiels­wei­se im Bun­des­sta­tis­tik­ge­setz (BStatG). Der Bun­des­rat ist be­reits am 1. No­vem­ber 2006 «vom Ge­setz­ge­ber be­auf­tragt wor­den, die Ein­zel­hei­ten sta­tis­ti­scher Da­ten­ver­knüp­fun­gen auf dem Ver­ord­nungs­weg zu re­geln». Es ist nicht nach­voll­zieh­bar, wes­halb dies jetzt plötz­lich im Eil­ver­fah­ren mit ei­ner An­hö­rungs­frist von nur ei­nem Mo­nat durch­ge­paukt wer­den soll, zu­mal die vor­ge­schla­ge­nen Än­de­run­gen weit über «die Ein­zel­hei­ten sta­tis­ti­scher Da­ten­ver­knüp­fun­gen auf dem Ver­ord­nungs­weg zu re­geln» hin­aus­ge­hen.

Art. 14a Abs. 1 BStatG lau­tet: «Zur Er­fül­lung sei­ner sta­tis­ti­schen Auf­ga­ben kann das Bun­des­amt Da­ten mit­ein­an­der ver­knüp­fen, wenn die­se an­ony­mi­siert wer­den». An­ony­mi­siert be­deu­tet an­ony­mi­siert und nicht pseud­ony­mi­siert.

Ge­mäss An­hang der Sta­tis­tik­er­he­bungs­ver­ord­nung sol­len bei­spiels­wei­se bei der «Sta­tis­tik der so­zio­de­mo­gra­fi­schen Bio­gra­fi­en» statt «an­ony­mi­sier­te Per­so­nen­da­ten der eid­ge­nös­si­schen Volks­zäh­lun­gen» neu «pseud­ony­mi­sier­te Per­so­nen- und Haus­halts­da­ten der re­gis­ter­ba­sier­ten Volks­zäh­lung» mit Zi­vil­stands­er­eig­nis­sen ge­mäss den Er­he­bun­gen der na­tür­li­chen Be­völ­ke­rungs­be­we­gung zu­sam­men­ge­führt wer­den. Iden­ti­fi­ka­tor wä­re die So­zi­al­ver­si­che­rungs­num­mer (AHV­N13), wel­che nach der Er­fas­sung der Da­ten pseud­ony­mi­siert wür­de. Je­de in der Schweiz wohn­haf­te Per­son wä­re so­mit neu per­so­ni­fi­ziert über Jahr­zehn­te in ei­ner Sta­tis­tik er­fasst, oh­ne dass da­zu nach An­sicht des BFS ei­ne Ge­set­zes­än­de­rung not­wen­dig wä­re. Eben­falls neu per­so­ni­fi­ziert er­fasst wä­ren mit der neu­en Ver­ord­nung auch al­le Ein­woh­ner der Schweiz in der «Sta­tis­tik der Be­völ­ke­rung und der Haus­hal­te (STAT­POP)» so­wie in vie­len an­de­ren Sta­tis­ti­ken.

Aber auch Sta­tis­ti­ken mit Er­he­bun­gen bei Drit­ten sol­len neu per­so­ni­fi­ziert wer­den. Wie sich das BFS die An­wen­dung die­ser neu­en Ver­ord­nun­gen vor­stellt, lässt sich leicht dem Ar­ti­kel «Sta­tis­tik-Amt er­hält heik­le Da­ten» des Ta­ges-An­zei­gers vom 10. Ju­ni 2013 (Bei­la­ge) ent­neh­men: Bei der Lohn­struk­tur­er­he­bung 2013 hat das BFS die Da­ten, statt wie bis­her an­onym mit Merk­ma­len wie «Ge­schlecht, Zi­vil­stand, Al­ter oder Na­tio­na­li­tät», per­so­ni­fi­ziert mit der AHV­N13 bei Ar­beit­ge­bern er­ho­ben. Nach der Da­ten­er­fas­sung wird die AHV­N13 nicht et­wa ge­löscht, son­dern le­dig­lich pseud­ony­mi­siert und min­des­tens 30 Jah­re lang, ver­mut­lich noch län­ger, auf­be­wahrt.

Zum ei­nen ist es un­zu­läs­sig, Ver­ord­nungs­be­stim­mun­gen, wel­che erst ge­plant sind, be­reits an­zu­wen­den, zum an­de­ren ver­s­össt die ge­plan­te sys­te­ma­ti­sche Ver­wen­dung der AHV­N13 bei prak­tisch al­len Er­he­bun­gen und Ver­knüp­fun­gen so­wie de­ren Zu­fü­gung in pseud­ony­mi­sier­ter Form zum ge­won­nen Da­ten­satz klar ge­gen Art. 14a Abs. 1 BstatG.

Dar­an än­dert auch die Be­grün­dung des BFS, wo­nach da­durch Zeit­rei­hen mög­lich wä­ren, nichts.

Aus der Bot­schaft zur Har­mo­ni­sie­rung amt­li­cher Per­so­nen­re­gis­ter vom 23. No­vem­ber 2005 geht auf Sei­te 44 un­ter dem Ti­tel «Bun­des­sta­tis­tik­ge­setz (BStatG)» un­miss­ver­ständ­lich her­vor, dass mit dem neu­en Ar­ti­kel 14a Ab­satz 1 BStatG das BFS zwar Da­ten zu sta­tis­ti­schen Zwe­cken mit­ein­an­der ver­knüp­fen darf. Es wird aber ver­pflich­tet, ver­knüpf­te Da­ten wie al­le an­de­ren sta­tis­ti­schen Da­ten zu an­ony­mi­sie­ren. Der letz­te Satz wört­lich: «Da­ten für Ar­chi­vie­rungs­zwe­cke ent­hal­ten we­der Na­men noch per­sön­li­che Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mern der Be­trof­fe­nen. Dies gilt auch für ver­knüpf­te Da­ten.» Aus den Er­läu­te­run­gen des BFS zu den Än­de­run­gen der Sta­tis­tik­er­he­bungs­ver­ord­nung geht her­vor, dass of­fen­bar ei­ne Re­vi­si­on des BStatG ge­plant ist, wel­che die sys­te­ma­ti­sche Ver­wen­dung der AHV­N13 vor­se­hen soll. Be­vor die Ver­wen­dung der AHV­N13 auf Ge­set­zes­stu­fe fest­ge­schrie­ben ist, be­steht kein Raum, die­se be­reits in ei­ner Ver­ord­nung de­tail­liert zu re­geln.

Ab­ge­se­hen da­von hat der Bun­des­rat am 29. Mai 2013 mit der Bot­schaft zum Bun­des­ge­setz über das elek­tro­ni­sche Pa­ti­en­ten­dos­sier auf­grund der ne­ga­ti­ven Rück­mel­dun­gen im Ver­nehm­las­sungs­ver­fah­ren aus­drück­lich dar­auf ver­zich­tet, zur Iden­ti­fi­zie­rung der Pa­ti­en­ten­dos­siers die AHV­N13 zu ver­wen­den, wie dies ei­gent­lich vor­ge­se­hen war. Es ist leicht vor­her­seh­bar, dass ei­ne ge­ne­rel­le Ver­wen­dung der AHV­N13 im re­vi­dier­ten BStatG eben­falls auf brei­te Ab­leh­nung stos­sen wür­de. Auch aus die­sem Grund ist die glo­ba­le Ver­wen­dung der AHV­N13 durch ei­ne Ver­ord­nungs­än­de­rung strikt ab­zu­leh­nen.

Wei­ter ist an­zu­mer­ken, dass of­fen­bar be­ste­hen­de an­ony­me Er­he­bun­gen sys­te­ma­tisch in per­so­ni­fi­zier­te Er­he­bun­gen über­führt wer­den sol­len, wie das Bei­spiel der Lohn­struk­tur­er­he­bung 2013 zeigt. Ei­ne der­art gra­vie­ren­de Än­de­rung ist zwin­gend auf Ge­set­zes­stu­fe fest­zu­schrei­ben, Art. 14a BStatG er­mäch­tigt den Bun­des­rat auf je­den Fall nicht, Ent­spre­chen­des auf dem Ver­ord­nungs­weg zu re­geln.

grund­rech­te.ch ruft auch in Er­in­ne­rung, dass brei­te Krei­se der Be­völ­ke­rung sehr sen­si­bel auf die Sam­mel­wut von Sta­tis­ti­kern re­agie­ren. Als der Bun­des­rat im Sep­tem­ber 2009 die Ar­beits­kräf­te-Er­he­bung (SA­KE) per Ver­ord­nung auch für Pri­vat­per­so­nen ob­li­ga­to­risch er­klär­te, dau­er­te es nur zwei Jah­re, bis der Na­tio­nal- und Stän­de­rat am 23. De­zem­ber 2011 die­sen Af­front per Ge­set­zes­än­de­rung rück­gän­gig mach­ten.

 

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