Billag-Nachfolgerin verschickt fehlerhafte Rechnungen

14. Januar 2019

An­dre­as Möck­li, Lu­zer­ner Zei­tung

Die Rech­nun­gen der Bil­lag-Nach­fol­ge­rin Sera­fe sind in zahl­rei­chen Fäl­len feh­ler­haft. Das Un­ter­neh­men weist die Schuld von sich, Be­hör­den und Be­trof­fe­ne üben Kri­tik.

Das Te­le­fon klin­gelt pau­sen­los. Die Mit­ar­bei­ter des Ein­woh­ner­amts des Kan­tons Ba­sel-Stadt ha­ben al­le Hän­de voll zu tun. Der Grund sind die Rech­nun­gen für die Ra­dio- und Fern­seh­ab­ga­ben. Bis En­de letz­ten Jah­res wur­den die­se von der Bil­lag er­ho­ben. Nun hat die­se Auf­ga­be die Fir­ma Sera­fe über­nom­men. Sie stützt sich da­bei neu auf die Da­ten der Ein­woh­ner­be­hör­den al­ler Kan­to­ne und Ge­mein­den. Wie sich nun her­aus­stellt, sind die­se nicht über­all kor­rekt. Dies führt zu ei­nem An­sturm auf zahl­rei­che Ein­woh­ner­äm­ter - und auch auf die Sera­fe.

Das Pro­blem: Die Ab­ga­ben sind pro Haus­halt ge­schul­det. Nun hat die Sera­fe Rech­nun­gen ver­schickt, bei de­nen Per­so­nen zwar im glei­chen Ge­bäu­de le­ben, aber nicht im glei­chen Haus­halt. So kann es vor­kom­men, dass die Fa­mi­lie Mül­ler ei­ne Rech­nung er­hält, auf der auch ei­ne an­de­re Per­son auf­ge­führt ist, die nicht zur Fa­mi­lie Mül­ler ge­hört. Die Sera­fe schreibt auf der Rech­nung, dass sich die Be­trof­fe­nen bei die­sem Pro­blem di­rekt an das Ein­woh­ner­amt ih­res Kan­tons oder ih­rer Ge­mein­de wen­den sol­len. Des­halb wer­den der­zeit ver­schie­de­ne Amts­stel­len wie et­wa je­ne des Kan­tons Ba­sel-Stadt be­stürmt. Um den te­le­fo­ni­schen An­sturm be­wäl­ti­gen zu kön­nen, hat das Ein­woh­ner­amt nun re­agiert. Im Call­cen­ter sei­en zu­sätz­li­che Mit­ar­bei­ten­de aus an­de­ren Be­rei­chen des Ein­woh­ner­amts ein­ge­setzt wor­den, sagt ein Spre­cher.

Da­ten sind ver­al­tet

Wie ei­ne Um­fra­ge zeigt, be­trifft das Da­ten­cha­os ne­ben Ba­sel-Stadt der­zeit vor al­lem die Kan­to­ne Ba­sel­land und So­lo­thurn. In der Stadt Zü­rich kommt es eben­falls zu An­fra­gen be­züg­lich der Sera­fe-Rech­nun­gen, das Aus­mass hal­te sich der­zeit aber in Gren­zen, sagt ein Spre­cher des Prä­si­di­al­de­par­te­ments. In den Städ­ten Aarau, Lu­zern und St. Gal­len hat man bis­her noch kei­ne An­fra­gen aus der Be­völ­ke­rung fest­ge­stellt. Doch nicht nur die ex­ak­te Ab­gren­zung der ein­zel­nen Haus­hal­te macht Pro­ble­me. So gibt es auch Fäl­le, bei de­nen Be­trof­fe­ne ih­re neue Wohn­si­tua­ti­on kor­rekt den Ein­woh­ner­be­hör­den ge­mel­det ha­ben. Den­noch ver­schickt Sera­fe Rech­nun­gen, die auf ver­al­te­ten Da­ten be­ru­hen, wie Fäl­le aus So­lo­thurn zei­gen. So kann es sein, dass je­mand aus ei­ner ge­mein­sa­men Woh­nung aus­ge­zo­gen ist, auf der Rech­nung aber im­mer noch al­le frü­her dort Wohn­haf­ten auf­ge­führt sind. Die Be­trof­fe­nen wer­den dann vom Ein­woh­ner­amt an Sera­fe ver­wie­sen.

Das Un­ter­neh­men wie­der­um sagt, man sol­le sich bei den Be­hör­den mel­den. Im Ge­gen­satz zur kor­rek­ten Ab­gren­zung der Haus­hal­te sei dies ein klei­ne­res Pro­blem, sagt Sera­fe-Spre­cher Erich Heynen. Er spricht von ei­ner Un­schär­fe. Der Grund: Die Da­ten, wel­che die Sera­fe für den ers­ten Rech­nungs­ver­sand im Ja­nu­ar ver­wen­de­te, stam­men von En­de No­vem­ber. Man ha­be sich nach Ab­spra­che mit dem Bund da­ge­gen ent­schie­den, die Da­ten von En­de De­zem­ber her­an­zu­zie­hen.

Das nun ent­stan­de­ne Cha­os sei für sie kei­ne Über­ra­schung, sagt Ines Brun­ner, Lei­te­rin der Fach­stel­le Kan­to­na­les Per­so­nen­re­gis­ter Ba­sel­land. Sie ko­or­di­niert im Kan­ton die Da­ten­lie­fe­rung an die Sera­fe. Die An­ga­ben aus den Ein­woh­ner­re­gis­tern sei­en nur be­dingt für die Rech­nungs­stel­lung für die ein­zel­nen Haus­hal­te ein­setz­bar. Denn die Da­ten sei­en bis­her noch nie so zu­sam­men­ge­fasst wor­den, um ein­zel­ne Haus­hal­te zu bil­den.

Die Kan­to­ne hat­ten dar­um im Rah­men der Ra­dio- und Fern­seh­ver­ord­nung ei­nen an­de­ren Vor­schlag ge­macht. «Wir hät­ten uns die Fi­nan­zie­rung über die be­ste­hen­den Steu­ern ge­wünscht», sagt Brun­ner. Doch der Bund hat­te da­für kein Ge­hör. Brun­ner kri­ti­siert zu­dem die Kom­mu­ni­ka­ti­on der Sera­fe und des Ba­kom. «Wir wur­den nicht dar­über in­for­miert, wann ge­nau die Rech­nun­gen für die Ein­woh­ner un­se­res Kan­tons ver­schickt wer­den.»

10,000 An­fra­gen pro Tag

Die Sera­fe ge­steht Pro­ble­me ein und bit­tet gleich­zei­tig um Ver­ständ­nis. Par­al­lel gin­gen beim Un­ter­neh­men der­zeit bis zu 300 An­ru­fe ein, sagt Spre­cher Erich Heynen. So ver­zeich­ne Sera­fe täg­lich ge­gen zehn­tau­send Te­le­fo­na­te. Kon­kre­te Zah­len will das Un­ter­neh­men spä­ter nen­nen, auch punk­to Feh­ler­quo­te bei der Ver­rech­nung.

Zur Kri­tik der Ein­woh­ner­äm­ter sagt Spre­cher Heynen: «Wir hät­ten ei­ni­ge De­tails si­cher bes­ser kom­mu­ni­zie­ren kön­nen.» Ei­ni­ge Ein­woh­ner­kon­trol­len hät­ten sich über­rum­pelt ge­fühlt, weil sie den Ein­druck hat­ten, nicht ge­nü­gend dar­über in­for­miert ge­we­sen zu sein, was ge­nau ab­lau­fe. Sera­fe ha­be nun auch ei­ne Hot­line für Ein­woh­ner­äm­ter ein­ge­rich­tet. Letzt­lich hand­le es sich bei der Um­stel­lung von Bil­lag zu Sera­fe ja um ei­nen Sys­tem­wech­sel mit sehr kom­ple­xen Pro­zes­sen, der ver­schie­de­ne Stel­len tan­gie­re. Dass es bei 3,6 Mil­lio­nen Rech­nun­gen, die im Ja­nu­ar 2019 ver­schickt wer­den, auch Feh­ler ge­be, sei zu er­war­ten ge­we­sen.

Un­ge­nau­ig­kei­ten kön­nen durch Feh­ler im Re­gis­ter kom­men

Was die Ab­gren­zung der Haus­hal­te an­be­langt, so ver­weist Sera­fe auf die Ein­woh­ner­re­gis­ter. Um ei­nen Haus­halt ein­deu­tig bil­den zu kön­nen und ei­ne kor­rek­te Rech­nung zu ge­ne­rie­ren, be­dient sich die Er­he­bungs­stel­le ver­schie­de­ner Da­ten­merk­ma­le. Wenn ei­ne Ein­woh­ner­ge­mein­de die ent­spre­chen­den Re­gis­ter nicht sau­ber füh­re, kön­ne es zu Un­ge­nau­ig­kei­ten kom­men. Dar­auf ha­be Sera­fe kei­nen Ein­fluss, sagt Spre­cher Erich Heynen.

 

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