Securitas spionierte für Nestlé

15. Juni 2008

Nestlé soll mit «Securitas-Spionen» in der Schweiz Globalisierungskritiker ausspioniert haben. Überwachungsobjekt sei während eines Jahres eine Arbeitsgruppe der Organisation Attac-Waadt gewesen, die ein Nestle-Buch verfasste.

Die Sendung «Temps présent» des Westschweizer Fernsehens TSR hatte am Donnerstagabend einen entsprechenden Bericht gezeigt. Daraus ging hervor, dass die Schweizer Sicherheitsfirma Securitas vor und während des G8-Gipfels in Evian im Jahr 2003 globalisierungskritische Gruppen überwachte.

Securitas-Generalsekretär Reto Casutt räumte in dem Fernsehbericht ein, dass es Leute gegeben habe, die für Securitas unter falschem Namen an Veranstaltungen teilgenommen hatten. Das sei «vielleicht nicht sympathisch», aber nicht verboten.

Die Attac-Autorengruppe, die sich 2003/2004 mit dem Nahrungsmittelkonzern Nestlé befasst hatte, erfuhr vor einigen Wochen über den Fernsehjournalisten von TSR von der Infiltration. Der Journalist verfügte über Hinweise, wonach eine Sicherheitsagentin von Securitas die Gruppe im Herbst 2003 infiltriert und zuhanden von Nestlé Berichte verfasst hatte.

Die Attac-Autoren stellten in der Folge fest, dass die Frau, die einzig für das Buchprojekt zur Gruppe gestossen war, spurlos verschwunden war. Telefon und Mail waren nicht mehr aktiv. Auch hatte sie nie Attac-Beiträge bezahlt.

Die Autoren der Attac-Gruppe sehen sich durch das Agieren der Frau in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Aus diesem Grund haben sie auch Zivilklage eingereicht. Sie vermuten zudem, dass die Frau bei den Treffen heimliche Ton-Aufnahmen gemacht hatte, was strafbar ist.

Die Frau habe als Mitglied der Autorengruppe Zugang zu allen Mailkontakten von Attac im In- und Ausland gehabt, unter anderem auch zu den Daten von Gewerkschaftern in Kolumbien, hiess es an einer Medienkonferenz von Attac in Lausanne.

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Dieser und andere Kleber können bei ATTAC-Vaud, Case Postale 5105, 1002 Lausanne, bestellt werden.

Ebenfalls bei ATTAC kann ein öffentlicher Appell für die Meinungsäusserungsfreiheit und gegen Schnüffeleien durch Nestlé und Securitas unterschrieben werden.

Am 13. Februar 2009 wurde bekannt, dass das Verfahren gegen Securitas und Nestle eingestellt wurde. Auf Rekurs von ATTAC hin hat die Anklagekammer des Kantons Waadt die Einstellungsverfügung am 13. Mai 2009 aufgehoben.

Am 25. Jamuar 2013 hat ein Zivilgericht Nestlé und Securitas für ihre Spionagetätigkeiten bei ATTAC verurteilt, und der Präsident hat anerkannt, dass es sich um eine unerlaubte Infiltration handelte und den Anspruch auf Genugtuung gutgeheissen. Er hat zugestanden, dass die Persönlichkeitsrechte der Klägerinnen verletzt worden sind und Nestlé und Securitas dazu verurteilt, ihnen eine Genugtuung in der Höhe von CHF 3‘000.- pro Person zu bezahlen.

 

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