Smart Step: Telefónica will Bewegungsprofile in Deutschland nicht auswerten

1. November 2012

Spiegel online

Der Telekommunikationskonzern Telefónica reagiert auf die öffentliche Kritik der vergangenen Tage: Die Bewegungsprofile von Kunden des deutschen Mobilfunkanbieters O2 werden nicht ausgewertet und vermarktet. Datenschutzbedenken hätte man aber nicht

München/Hamburg - Nach massiver Kritik hat der spanische Telekomriese Telefónica mitgeteilt, dass er die Bewegungsdaten seiner Kunden in Deutschland weder analysieren noch vermarkten werde. Ein Produkt namens Smart Step, über das der Konzern derartige Daten beispielsweise an Handel und Behörden verkaufen will, soll in Deutschland nicht eingeführt werden. Hierzulande ist der Konzern mit der Marke O2 vertreten.

"Wir haben immer betont, dass es keine konkreten Pläne gibt, ein Produkt wie Smart Step in Deutschland einzuführen", sagte ein Telefónica-Sprecher SPIEGEL ONLINE am Donnerstag. Man sei überzeugt, dass das Angebot alle Datenschutzansprüche erfüllt. Weiter erklärte er: "Datenschutz und Kundenzufriedenheit haben bei Telefónica oberste Priorität. Nach dem Feedback unserer Kunden haben wir uns nun allerdings entschieden, Smart Step in Deutschland nicht einzuführen."

Anfang Oktober hatte der O2-Mutterkonzern Telefónica angekündigt, anonymisierte Bewegungsdaten seiner Kunden vermarkten und sich damit neue Einnahmequellen erschliessen zu wollen. Für die Verwertung der Datenberge - unter dem Schlagwort "Big Data" einer der wichtigsten Trends in der Informationstechnik - gründete Telefónica die Tochtergesellschaft Telefónica Dynamics Insights, die bei der Entwicklung neuer Angebote mit dem deutschen Marktforschungsinstitut GfK zusammenarbeiten soll.

Das Ziel von Dynamic Insights sei es, Unternehmen aber auch der öffentlichen Verwaltung "analytische Einsichten" zu liefern, "die es diesen ermöglichen, effektiver zu werden", teilte Telefónica bei der Gründung mit. Smart Step soll das erste Produkt der neuen Tochtergesellschaft werden und zum Beispiel Erkenntnisse über das Verhalten von Besucherströmen liefern.

Erst drei Wochen nachdem Telefónica seine Pläne publik gemacht hatte, wurden diese, offenbar aufgrund von Medienberichten, zum Politikum. Am 30. Oktober erklärte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums: "Der Handel mit Standortdaten ist grundsätzlich verboten." Auch anonymisierte Daten dürften nur mit Einwilligung des Handybesitzers weitergegeben werden - und dann auch lediglich an "Dienste mit Zusatznutzen", etwa zur Registrierung von Verkehrsströmen. Eine Prüfung des Ministeriums habe ergeben, dass der von O2 geplante Handel mit Standortdaten keine solche Zusatznutzen biete. Auch das Verbraucherschutzministerium übte Kritik. Ein Sprecher sagte, mit solchen Vermarktungspraktiken werde der Verletzung der Privatsphäre Tür und Tor geöffnet.

Telefónica ist mit 58 Milliarden Euro verschuldet und somit dringend auf neue Einnahmen angewiesen. Diese sollen unter anderem aus dem Börsengang von O2 kommen, den der Konzern am Dienstag erfolgreich abschloss. Für die Platzierung von gut 23 Prozent der Anteile an O2 kassierte Telefónica rund 1,45 Milliarden Euro. Es war der grösste deutsche Börsengang seit 2007.

 

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