Revision des Nachrichtengesetzes (NDG)

9. Septemberi 2022

Adieu Arzt­ge­heim­nis und Quel­len­schutz? Zi­vil­ge­sell­schaft pro­tes­tiert ge­gen noch mehr Über­wa­chung durch Nach­rich­ten­dienst

Mit sei­ner Re­vi­si­on des Nach­rich­ten­ge­set­zes (NDG) will der Bun­des­rat dem Nach­rich­ten­dienst des Bun­des (NDB) mass­lo­se Be­fug­nis­se ge­ben. So soll die schon bis­her vom NDB sys­te­ma­tisch miss­ach­te­te Gren­ze der Da­ten­er­fas­sung aus­ge­wei­tet und das Be­rufs­ge­heim­nis von An­wält:in­nen, me­di­zi­ni­schem Per­so­nal und Me­di­en­schaf­fen­den auf­ge­weicht wer­den. In ih­rer Ver­nehm­las­sungs­ant­wort wehrt sich ei­ne brei­te Ko­ali­ti­on von Schwei­zer Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen (NGO) ge­gen die­se Ver­schär­fung des NDG und for­dert, dass sich der NDB erst ein­mal an die be­ste­hen­den Ge­set­ze hält.

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Dank Ein­sichts­ge­su­chen so­wie Be­rich­ten der Ge­schäfts­prü­fungs­de­le­ga­ti­on ist klar: Der NDB hat über Jah­re wis­sent­lich ge­gen ge­setz­lich ver­an­ker­te Über­wa­chungs­schran­ken ver­stos­sen, qua­si flä­chen­de­ckend die le­ga­le po­li­ti­sche Be­tä­ti­gung von Ein­zel­per­so­nen und NGO er­fasst und ge­spei­chert und da­mit für ei­nen Fi­chen­skan­dal 3.0 ge­sorgt. Statt die­se Über­schrei­tun­gen zu un­ter­su­chen und un­ter­bin­den, möch­te der Bun­des­rat mit sei­ner Re­vi­si­on des NDG nun die Über­wa­chungs­kom­pe­ten­zen des NDB noch­mals we­sent­lich aus­wei­ten, was zu­las­ten ele­men­ta­rer de­mo­kra­ti­scher Grund­rech­te geht.

Kon­kret soll das bis­her klar for­mu­lier­te Ver­bot jeg­li­cher Über­wa­chung von po­li­ti­scher Be­tä­ti­gung und der Aus­übung der de­mo­kra­ti­schen Grund­rech­te (wie Mei­nungs-, Ver­samm­lungs- oder Ver­ei­ni­gungs­frei­heit mit Aus­nah­me­re­ge­lun­gen re­la­ti­viert und auf­ge­he­belt wer­den. Das Ein­drin­gen in Com­pu­ter im Aus­land könn­te « bei Dring­lich­keit » oh­ne Be­wil­li­gung des Bun­des­rats  er­fol­gen. Für die an­de­re Mass­nah­men oder in « nor­ma­len Fäl­len » wo kei­ne Dring­lich­keit vor­liegt, wä­re der NDB im­mer noch an die ge­richt­li­che Ge­neh­mi­gung und bun­des­rät­li­che Frei­ga­be ge­bun­den. Wei­ter soll die ge­richt­li­che und bun­des­rät­li­che Kon­trol­le beim Ein­drin­gen in  Com­pu­ter- und Han­dys oder für Te­le­fon­ab­hö­run­gen er­leich­tert wer­den. Or­tungs­ge­rä­te könn­ten so­gar neu oh­ne Ge­neh­mi­gung ei­nes Ge­richts ein­ge­setzt wer­den.

Wei­ter wird ei­ne Er­leich­te­rung des Ver­fah­rens bei Ver­län­ge­run­gen und « ge­ring­fü­gi­gen Er­wei­te­run­gen » vor­ge­schla­gen. Be­son­ders gra­vie­rend und ge­fähr­lich ist, dass all die­se Über­wa­chungs­mass­nah­men Mass­nah­men neu auch ge­gen­über Geist­li­chen, An­wält:in­nen, me­di­zi­ni­schem Per­so­nal und Me­di­en­schaf­fen­den an­ge­wen­det wer­den dürf­ten. Der ge­setz­lich ge­währ­leis­te­te Schutz des Be­rufs­ge­heim­nis­ses wä­re da­mit Ge­schich­te.

Mit die­ser NDG-Re­vi­si­on wür­den vom NDB al­so noch mehr Per­so­nen auf noch mehr Ka­nä­len über­wacht. Statt noch­mals aus­ge­wei­tet, müs­sen nach­rich­ten­dienst­li­chen Kom­pe­ten­zen und Da­ten­be­schaf­fungs­me­tho­den end­lich wirk­lich wirk­sam be­grenzt wer­den. Schliess­lich geht es da­bei um sen­si­ble per­sön­li­che Da­ten und die de­mo­kra­tie­re­le­van­te Me­di­en­frei­heit. Die ak­tu­el­le Re­vi­si­ons­vor­la­ge stellt dem Ge­heim­dienst ei­nen Blan­ko­scheck aus. Das schafft kei­ne zu­sätz­li­che Si­cher­heit für un­ser Land, son­dern neue Un­si­cher­heit für die be­trof­fe­nen Be­rufs­grup­pen und ih­re Kli­ent*in­nen, für die Me­di­en­schaf­fen­den und für uns Bür­ger*in­nen. Ein Nach­bes­sern ist da­her zwin­gend nö­tig.

 

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