Kerry zum NSA-Skandal

1. Februar 2014

Kein biss­chen Sor­ry

Von Mat­thi­as Ge­bau­er, Spie­gel on­line

Auf der Si­cher­heits­kon­fe­renz tra­fen deut­sche und ame­ri­ka­ni­sche Re­gie­rung erst­mals nach den NSA-Ent­hül­lun­gen auf­ein­an­der. Ei­ne Ent­schul­di­gung aber kam den USA par­tout nicht in den Sinn. Statt­des­sen mahn­te Aus­sen­mi­nis­ter Ker­ry, das The­ma end­gül­tig zu den Ak­ten le­gen.

John Ker­ry hat schon recht lan­ge ge­re­det, als er kurz zum The­ma NSA kommt. Die USA, sagt der Aus­sen­mi­nis­ter, sei­en stolz dar­auf, dass man die De­mo­kra­tie in sei­nem Land im­mer wie­der dis­ku­tie­re. Ge­nau­so will Ker­ry auch die Re­de sei­nes Prä­si­den­ten zur Pra­xis der "si­gnal in­tel­li­gence" ver­ste­hen. Ge­meint ist die weit­rei­chen­de Aus­spä­hung des US-Ge­heim­diensts NSA, die selbst vor dem Han­dy von Kanz­le­rin Mer­kel nicht zu­rück­schreck­te.

Der Mo­ment in Ker­rys Re­de war in Mün­chen ge­spannt er­war­tet wor­den. Die Si­cher­heits­kon­fe­renz und Ker­rys kur­ze Vi­si­te zu­vor in Ber­lin wa­ren die ers­ten rich­ti­gen Be­geg­nun­gen zwi­schen Wa­shing­ton und Ber­lin seit den NSA-Ent­hül­lun­gen. Folg­lich sa­hen man­che in der deut­schen Re­gie­rung ein Mo­men­tum für ei­ne Ent­schul­di­gung der USA, Prag­ma­ti­ker hoff­ten zu­min­dest auf ein­fühl­sa­me Wor­te.

Dar­aus wur­de nichts. Ker­ry be­liess es in Ber­lin bei der Flos­kel, die letz­ten Mo­na­te sei­en "rau" ge­we­sen. Das Wort NSA er­wähn­te er gar nicht, Nach­fra­gen der Pres­se wich er aus. In Mün­chen ging er kei­nen Lot wei­ter. Ver­klau­su­liert deu­te­te der Ge­sand­te des US-Prä­si­den­ten le­dig­lich an, man ge­he mit "De­mut" in die Dis­kus­si­on über das The­ma. Dann schwenkt sei­ne Re­de um­ge­hend zu Un­rechts­re­gi­men auf der gan­zen Welt, die die Men­schen­rech­te mit Füs­sen tre­ten.

Die Deut­schen sol­len das The­ma ab­ha­ken

Mag man die Wor­te Ker­rys mit viel gu­tem Wil­len als aus­wei­chen­de Rhe­to­rik auf ei­ner öf­fent­li­chen Kon­fe­renz deu­ten, ver­deut­lich­ten sie ein­mal mehr die har­te ame­ri­ka­ni­sche Li­nie in dem trans­at­lan­ti­schen Streit. Spä­tes­tens seit den Tref­fen in Mün­chen und Ber­lin muss den Deut­schen klar sein, dass die USA we­der öf­fent­lich noch hin­ter ver­schlos­se­nen Tü­ren zu ei­ner ehr­li­chen Ent­schul­di­gung für die Ak­ti­vi­tä­ten der NSA be­reit sind.

Viel­mehr mahn­te Ker­ry in Mün­chen und bei sei­nen Ge­sprä­chen mit der Kanz­le­rin und dem Aus­sen­mi­nis­ter in Ber­lin, das The­ma NSA end­lich ab­zu­ha­ken. Statt ei­ner pein­li­chen Ab­rech­nung sol­le man nach vor­ne schau­en. Auch die Aus­sich­ten auf das so­ge­nann­te No-Spy-Ab­kom­men zwi­schen den Ge­heim­diens­ten bei­der Län­der, das seit Mo­na­ten ver­han­delt wird, müs­sen die Deut­schen nach den deut­li­chen Wor­ten Ker­rys wohl end­gül­tig be­en­den.

Kri­tik an der US-Hal­tung von der deut­schen Re­gie­rung aber war we­der in Ber­lin noch in Mün­chen zu hö­ren. Kanz­le­rin Mer­kel, nach den Ent­hül­lun­gen über die Be­spit­ze­lung ih­res Han­dys noch aus­ser sich ("Das geht gar nicht!"), nahm brav ei­ne Ein­la­dung an und reist im Früh­som­mer zu Prä­si­dent Ba­rack Oba­ma. Frank-Wal­ter Stein­mei­er, als Op­po­si­ti­ons­füh­rer im Som­mer 2013 noch ei­ner der lau­tes­ten Kri­ti­ker der NSA-Ak­ti­vi­tä­ten, schweigt als Aus­sen­mi­nis­ter beim The­ma NSA be­harr­lich.

Nur ei­ner äus­sert deut­li­che Kri­tik

Ein­zig In­nen­mi­nis­ter Tho­mas de Mai­zière, Ken­ner der Ge­heim­dienst­welt und si­cher kein Geg­ner von Ab­hör­ak­tio­nen ge­gen Ter­ro­ris­ten, nutz­te in Mün­chen die Büh­ne, um sei­ne Kri­tik laut und deut­lich zu sa­gen. Die Ab­hör­ak­ti­vi­tä­ten der NSA ge­gen un­be­schol­te­ne deut­sche Staats­bür­ger geis­sel­te er als "mass­los" und kon­tra­pro­duk­tiv, die In­for­ma­tio­nen der USA über die Mass­nah­men auf deut­schem Bo­den sei­en bis­her völ­lig "un­zu­rei­chend".

Für die neue Bun­des­re­gie­run­gen wer­den die kom­men­den Mo­na­te nach der er­nüch­tern­den Er­fah­rung von Mün­chen durch­aus ri­si­ko­reich. So­wohl im Bun­des­tag als auch auf eu­ro­päi­scher Ebe­ne drän­gen die Par­la­men­te auf Un­ter­su­chungs­aus­schüs­se we­gen der Vor­wür­fe ge­gen die NSA, das The­ma wird al­so auf der Agen­da blei­ben. Zu­dem wird Ber­lin spä­tes­tens im Som­mer kon­kre­te Er­geb­nis­se über die Ver­hand­lun­gen über das No-Spy-Ab­kom­men prä­sen­tie­ren müs­sen.

In bei­den Fäl­len dürf­te die Op­po­si­ti­on nicht ver­ges­sen, die Re­gie­rung an ih­re heh­ren Ver­spre­chun­gen ei­ner kom­plet­ten Auf­klä­rung zu Be­ginn der Af­fä­re zu er­in­nern - hof­fent­lich je­den­falls.

 

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