Schweizer Staatstrojaner ist in der Testphase - teurer als geplant

10. Januar 2019

Lu­kas Mä­der, NZZ

Der Bund hat Soft­ware be­schafft, um die elek­tro­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­on von Ver­däch­ti­gen heim­lich mit­ver­fol­gen zu kön­nen. Das um­strit­te­ne Über­wa­chungs­in­stru­ment war teu­rer als ge­plant.

Den Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den in der Schweiz steht mög­li­cher­wei­se schon bald ein neu­es tech­ni­sches Mit­tel zur Ver­fü­gung, um auch die ver­schlüs­sel­te Kom­mu­ni­ka­ti­on von Ver­däch­ti­gen zu über­wa­chen. Die Be­schaf­fung ei­nes so­ge­nann­ten Staats­tro­ja­ners un­ter Pro­jekt­lei­tung des Bun­des­amts für Po­li­zei (Fed­pol) ist ab­ge­schlos­sen. Der­zeit läuft die Test­pha­se. «Wir ste­hen aber noch am An­fang», sagt Fed­pol-Spre­che­rin Lul­za­na Mus­liu. Ge­naue­re An­ga­ben dar­über, wie die­se Tests aus­se­hen und seit wann sie lau­fen, will das Fed­pol nicht ma­chen.

Heim­lich in­stal­lier­tes Pro­gramm

Der Ein­satz von Staats­tro­ja­nern, auch Gov­wa­re ge­nannt, ist stark um­strit­ten. Die Soft­ware wird heim­lich auf dem Ge­rät ei­nes Ver­däch­ti­gen in­stal­liert, zum Bei­spiel auf ei­nem Com­pu­ter oder ei­nem Smart­pho­ne. Da­zu dür­fen die Er­mitt­ler in der Schweiz auch in pri­va­te Räu­me ein­drin­gen. Da­nach kön­nen die Be­hör­den mit dem Pro­gramm die Kom­mu­ni­ka­ti­on der Per­son mit­ver­fol­gen, auch wenn die­se ver­schlüs­selt über das In­ter­net über­tra­gen wird, wie dies mit Chat­pro­gram­men wie Whats­app oder Si­gnal der Fall ist. Gov­wa­re funk­tio­niert im Grund­satz wie ein Schad­pro­gramm von Ha­ckern, das im Hin­ter­grund un­be­merkt Da­ten von ei­nem Rech­ner über­trägt.

Ex­pli­zit er­laubt ist der Ein­satz von Staats­tro­ja­nern in der Schweiz erst seit dem 1. März 2018. Da­mals trat das re­vi­dier­te Bun­des­ge­setz be­tref­fend die Über­wa­chung des Post- und Fern­mel­de­ver­kehrs (Büpf) in Kraft, das bei der Be­ra­tung im Par­la­ment zu aus­führ­li­chen De­bat­ten ge­führt hat­te. Trotz un­kla­rer Rechts­la­ge hat­te zu­vor be­reits der Kan­ton Zü­rich ab 2014 sol­che Gov­wa­re ein­ge­setzt. Dass der Kauf von SP-Si­cher­heits­di­rek­tor Ma­rio Fehr be­wil­ligt wor­den war, sorg­te im Kan­tons­rat für Ab­klä­run­gen und in sei­ner Par­tei für ro­te Köp­fe.

Kei­ne De­tails zur Soft­ware

Das The­ma Staats­tro­ja­ner ist auch heu­te noch hei­kel - trotz ge­setz­li­cher Grund­la­ge. Das zeigt sich auch dar­an, dass das Fed­pol in die­ser Sa­che nur zu­ge­knöpft kom­mu­ni­ziert. Aus­kunft dar­über, von wel­chem Her­stel­ler die Soft­ware stammt, wel­chen Funk­ti­ons­um­fang sie hat und ob sie be­reits bei Er­mitt­lun­gen zum Ein­satz ge­kom­men ist, will Fed­pol-Spre­che­rin Lul­za­na Mus­liu nicht ge­ben. Und sie nennt auch nicht den Preis der Schwei­zer Lö­sung.

Die Be­schaf­fung des Staats­tro­ja­ners ist aber teu­rer aus­ge­fal­len als ge­plant. Das geht aus ei­nem nun ver­öf­fent­lich­ten Be­richt der Eid­ge­nös­si­schen Fi­nanz­kon­trol­le (EFK) her­vor. Im letz­ten Mai ha­be sich ab­ge­zeich­net, dass «nicht ge­nü­gend Mit­tel für den ge­plan­ten Rea­li­sie­rungs­um­fang zur Ver­fü­gung ste­hen», heisst es dar­in. Der Bund ha­be - Stand Som­mer 2018 - zwei Op­tio­nen: ent­we­der mehr fi­nan­zi­el­le Mit­tel auf­zu­wen­den oder auf ge­wis­se Funk­tio­nen der Gov­wa­re zu ver­zich­ten.

In­zwi­schen ist der Ent­scheid ge­fal­len und die Be­schaf­fung ab­ge­schlos­sen. Wel­che Op­ti­on die Ver­ant­wort­li­chen ge­wählt ha­ben, bleibt je­doch of­fen. Das Fed­pol will die Kos­ten der Be­schaf­fung trotz mehr­ma­li­ger Nach­fra­ge nicht kom­mu­ni­zie­ren. Zu­erst müs­se der Bun­des­rat dar­über ent­schei­den, wie die Ge­büh­ren­re­ge­lung aus­sieht, heisst es.

Be­reits heu­te sor­gen die Ge­büh­ren für die her­kömm­li­che Te­le­fon- und In­ter­net­über­wa­chung, al­so noch oh­ne Gov­wa­re, im­mer wie­der für Strei­tig­kei­ten zwi­schen Bund und Kan­to­nen. Der Bund führt die­se im Auf­trag der Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den der Kan­to­ne aus. We­gen tech­ni­scher An­pas­sun­gen wer­den die­se Kos­ten in den nächs­ten Jah­ren laut Schät­zun­gen auf das Drei­fa­che stei­gen.

Bund könn­te In­ves­ti­tio­nen be­zah­len

Laut dem EFK-Be­richt ist vor­ge­se­hen, dass der Bund ei­nen Gross­teil der Kos­ten des Staats­tro­ja­ners trägt. Er soll die In­ves­ti­tio­nen so­wie die Per­so­nal­kos­ten für den Ser­ver­be­trieb über­neh­men. Die Kan­to­ne als Auf­trag­ge­ber hin­ge­gen hät­ten nur ei­ne Fall­pau­scha­le zur De­ckung der Li­zenz­kos­ten zu be­zah­len.

Ob der Bund bei der Gov­wa­re tat­säch­lich, wie schon heu­te bei der her­kömm­li­chen Te­le­fon- und In­ter­net­über­wa­chung, ei­nen gros­sen Teil der Kos­ten über­neh­men wird, soll sich schon bald klä­ren. Der Bun­des­rat wird laut Jus­tiz­de­par­te­ment be­reits in den nächs­ten Wo­chen über die Fra­ge der Ge­büh­ren ent­schei­den. Da­nach könn­te der neue Staats­tro­ja­ner auch or­dent­lich zum Ein­satz kom­men.

 

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