Auslagerung der Staatsgewalt geplant

3. Januar 2010

Stadt Zürich sucht privates Personal für Ausnüchterungsgefängnis

Im ers­ten Aus­nüch­te­rungs­ge­fäng­nis der Schweiz sol­len auch pri­va­te Si­cher­heits­leu­te ar­bei­ten. Rechts­ex­per­ten spre­chen von ei­nem «sehr pro­ble­ma­ti­schen» Ein­satz.

Das ers­te Schwei­zer Aus­nüch­te­rungs­ge­fäng­nis ent­steht in der Haupt­wa­che der Stadt­po­li­zei Zü­rich und nimmt sei­nen Be­trieb Mit­te März auf. In der «Zen­tra­len Aus­nüch­te­rungs-Stel­le», wie die Ein­rich­tung of­fi­zi­ell heisst, nimmt die Po­li­zei be­trun­ke­ne und be­rausch­te Per­so­nen in Ge­wahr­sam, wel­che die öf­fent­li­che Ord­nung stö­ren und da­bei sich und an­de­re ge­fähr­den.

Für den Be­trieb des Aus­nüch­te­rungs­ge­fäng­nis­ses sucht die Stadt­po­li­zei jetzt pri­va­tes Si­cher­heits­per­so­nal. Die pri­va­ten Si­cher­heits­leu­te sol­len die Stadt­po­li­zis­ten bei der Ar­beit in der Zen­tra­len Aus­nüch­te­rungs-Stel­le un­ter­stüt­zen, et­wa bei der Zu­füh­rung der Be­trun­ke­nen, bei de­ren Be­treu­ung so­wie bei «Si­cher­heits­mass­nah­men wie zum Bei­spiel der Fes­se­lung von Re­ni­ten­ten».

«Grund­rech­te tan­giert»

Der Ein­satz von pri­va­tem Si­cher­heits­per­so­nal in ei­ner staat­li­chen Haft­ein­rich­tung ist ein No­vum für die Schweiz – und ist recht­lich um­strit­ten. An­dre­as Li­en­hard, Pro­fes­sor für Staats- und Ver­wal­tungs­recht an der Uni­ver­si­tät Bern, . «Ge­ra­de bei ei­ner solch sen­si­blen Ar­beit ist der Ein­satz von pri­va­ten Si­cher­heits­leu­ten hei­kel.» Be­son­ders pro­ble­ma­tisch sei er bei der Fes­se­lung von Re­ni­ten­ten. Li­en­hard sieht ein staats­recht­li­ches Grund­satz­pro­blem: «Auf­ga­ben, bei de­nen kör­per­li­cher Zwang an­ge­wen­det wird, darf der Staat streng ge­nom­men nicht aus­la­gern. Hier wer­den Grund­rech­te wie die per­sön­li­che Frei­heit und das staat­li­che Ge­walt­mo­no­pol tan­giert.»

Auch Mar­kus Moh­ler, Lehr­be­auf­trag­ter an der Uni­ver­si­tät Ba­sel und spe­zia­li­siert auf Po­li­zei- und Si­cher­heits­recht, be­ur­teilt den ge­plan­ten Ein­satz von pri­va­tem Si­cher­heits­per­so­nal in ei­ner staat­li­chen Haft­ein­rich­tung als «sehr pro­ble­ma­tisch». «Das Ge­walt­mo­no­pol ge­bie­tet, dass un­mit­tel­ba­rer, al­so phy­si­scher Zwang aus­schliess­lich von Po­li­zei­an­ge­hö­ri­gen aus­ge­übt wer­den darf», sagt Moh­ler.

Zum ge­plan­ten Ein­satz pri­va­ter Si­cher­heits­leu­te im Zür­cher Aus­nüch­te­rungs­ge­fäng­nis wol­len sich ge­gen­wär­tig we­der die Stadt­po­li­zei noch das Po­li­zei­de­par­te­ment un­ter der ab­tre­ten­den Stadt­rä­tin Es­ther Mau­rer äus­sern. Die Su­che nach dem Si­cher­heits­per­so­nal lau­fe noch, und der Stadt­rat wer­de erst in die­sem Mo­nat über das Ge­schäft ent­schei­den, hält ein De­par­te­ments­spre­cher fest.

Zwar ha­ben Se­ve­rin Pflü­ger und Marc Hohl (bei­de FDP) am 6. Mai 2009 im Ge­mein­de­rat das Pos­tu­lat «Prü­fung der Über­tra­gung von Po­li­zei­auf­ga­ben an Pri­va­te» ein­ge­bracht, wel­ches am 11. De­zem­ber 2009 über­wie­sen wur­de, al­ler­dings mit dem Zu­satz «Da­bei ist zu ga­ran­tie­ren, dass das staat­li­che Ge­walt­mo­no­pol voll­um­fäng­lich er­hal­ten bleibt»

Cus­to­dio AG

Die Aus­nüch­te­rungs­stel­le soll am 12. März 2010 er­öff­net wer­den. Da­bei kom­men ne­ben den ver­ei­dig­ten Po­li­zis­ten auch Leu­te ei­ner pri­va­ten Si­cher­heits­fir­ma zum Ein­satz. Den Zu­schlag für den 340'000-Fran­ken-Auf­trag wird vor­aus­sicht­lich die Cus­to­dio AG er­hal­ten. Dies geht aus ei­ner Be­kannt­ga­be im Amts­blatt vom 22. Ja­nu­ar 2010 her­vor. Die Fir­ma wird wäh­rend ei­nes Jah­res je­weils an den Wo­chen­en­den im Ein­satz ste­hen.

 

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