Nachrichtendienst soll Telefone anzapfen dürfen

28. Oktober 2014

Der Nationalrat berät bald über ein Gesetz, das dem Geheimdienst mehr Kompetenzen einräumt. Dieser darf bei einem Ja präventiv Gespräche abhören, Räume verwanzen und in Computer eindringen.

Der Nachrichtendienst soll mehr Kompetenzen erhalten. Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates hat sich für das neue Gesetz ausgesprochen, das dem Nachrichtendienst unter bestimmten Voraussetzungen das Anzapfen von Telefonen und Computern erlaubt.

Der Nationalrat wird sich im Dezember über das Gesetz beugen. Seine Kommission hiess die Vorlage mit 14 zu 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen gut, wie Kommissionspräsident Thomas Hurter (SVP/SH) vor den Medien in Bern sagte.

Die SIK sei davon überzeugt, dass der Nachrichtendienst mehr Mittel zur Informationsbeschaffung brauche. Und sie sei der Auffassung, dass das Gesetz für mehr Sicherheit sorge, ohne Freiheit und Grundrechte übermässig einzuschränken.

Datenschützer soll kontrollieren

Den Kernpunkten hatte die SIK schon im Sommer zugestimmt. Nun hat sie das Gesetz zu Ende beraten und dabei einige Änderungen und Ergänzungen angebracht. So möchte sie die Rolle des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten stärken.

Im Gesetz soll verankert werden, dass die interne Aufsichtsinstanz des Verteidigungsdepartements regelmässig in Zusammenarbeit mit dem Datenschützer die Rechtskonformität und Verhältnismässigkeit der Datenbearbeitung durch den Nachrichtendienst überprüfen muss.

Gesetzesgrundlage für Organisationsverbot

Neu hat die Kommission ausserdem einen Artikel eingebaut, der dem Bundesrat ermöglicht, Organisationen oder Gruppierungen zu verbieten, ohne auf Notrecht zurückzugreifen. Heute ist auf Gesetzesebene nur ein Tätigkeitsverbot für Organisationen vorgesehen, nicht aber ein Organisationsverbot.

Stimmen National- und Ständerat dem Vorschlag der SIK zu, kann der Bundesrat künftig Organisationen oder Gruppierungen verbieten, die terroristische oder gewalttätig-extremistische Aktivitäten propagieren, unterstützen oder in anderer Weise fördern und damit die innere oder äussere Sicherheit konkret bedrohen.

IS-Verbot auf Verordnungsweg

Das Organisationsverbot könnte nicht auf dem Rechtsweg angefochten werden. Wer sich in der Schweiz an einer verbotenen Organisation beteiligt oder diese unterstützt, dem droht gemäss dem Vorschlag eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahre oder eine Geldstrafe.

Der Bundesrat hat vor kurzem die Jihadistengruppe Islamischer Staat (IS) auf dem Verordnungsweg verboten. Dabei hielt er fest, er sei bereit, über andere Lösungen zu diskutieren, falls im Rahmen der Beratungen zum Nachrichtendienstgesetz entsprechende Vorschläge eingebracht würden.

Bei früherer Gelegenheit hatte der Bundesrat die Schaffung einer allgemeinen Rechtsgrundlage für ein Verbot terroristischer Organisationen abgelehnt. Die SIK ihrerseits stimmte dem Artikel deutlich zu, mit 20 zu 1 Stimmen bei 4 Enthaltungen.

Umstrittene Überwachungsmassnahmen

Im Parlament werden wohl vor allem die neuen Überwachungsmöglichkeiten zu reden geben: Der Nachrichtendienst soll Telefone abhören, Computer anzapfen und private Räume verwanzen dürfen - Massnahmen, die das Parlament vor nicht allzu langer Zeit noch abgelehnt hat.

Zustimmen müssten jeweils das Bundesverwaltungsgericht und der Verteidigungsminister nach Konsultation des bundesrätlichen Sicherheitsausschusses. Verteidigungsminister Ueli Maurer schätzt, dass solche Massnahmen in rund zehn Fällen jährlich zum Einsatz kämen.

Zahl der Fälle kann variieren

SIK-Präsident Hurter geht davon aus, dass die Zahl sich «je nach politischer Lage» verändern würde, wie er vor den Medien sagte. Die Massnahmen würden aber nicht breit eingesetzt. Beim Genehmigungsverfahren hat die Kommission Präzisierungen angebracht. So muss der Nachrichtendienst nach ihrem Willen beim Antrag nicht nur die Notwendigkeit der Massnahme begründen, sondern auch darlegen, warum bisherige Abklärungen erfolglos waren.

Ausserdem hat sie Präzisierungen zur Speicherung von Daten aus solchen bewilligungspflichtigen Massnahmen eingebaut: Der Nachrichtendienst soll dafür sorgen, dass Personendaten, die keinen Bezug zur spezifischen Bedrohungslage aufweisen, nicht verwendet werden und spätestens 30 Tage nach Beendigung der Massnahme vernichtet werden.

Die Überwachungsmassnahmen sind nicht zu verwechseln mit jenen, die im Rahmen von Strafverfahren erfolgen. Hier ist das Abhören von Telefongesprächen bereits heute möglich; das Gesetz dazu wird derzeit revidiert. Beim Nachrichtendienstgesetz dagegen geht es um präventive Aktionen ausserhalb von Strafverfahren.

 

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