Viktor Györffy, Präsident grundrechte.ch. Aargauer Zeitung
Mehr Daten und mehr Überwachungskompetenzen werden unweigerlich zu mehr Überwachung führen
Wir kommunizieren immer mehr über digitale Kanäle und erzeugen damit immens viele Daten. Das revidierte BÜPF (das Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs) macht sich dies zunutze - mit absehbar grossen Auswirkungen auf die Überwachungspraxis.
Wir werden immer mehr überwacht - nicht weil wir mehr kommunizieren, sondern weil es einfacher ist, unsere elektronische Kommunikation mitzuschneiden, als überall ein Mikrofon aufzuhängen. Die Überwachungsgeräte tragen wir ja heutzutage praktischerweise in Form von elektronischen Gadgets mit uns. Die Palette der Überwachungsmassnahmen wird stark erweitert, u.a. mit dem Staatstrojaner und dem IMSI-Catcher.
Die Vorratsdatenspeicherung, welche vom EU-Gerichtshof als grundrechtswidrig erachtet wird, wird im revidierten BÜPF beibehalten. Künftig wird sogar der Geheimdienst die Vorratsdaten nutzen dürfen. Neu können praktisch alle Provider verpflichtet werden, die Kommunikation ihrer Kunden an die Strafverfolger auszuleiten. Selbst Private müssen das dulden, sobald sie anderen Personen Zugang zum Internet gewähren.
Die Erfahrung bisher zeigt: Strafverfolger tendieren dazu, Überwachungsmöglichkeiten, die bestehen, zunehmend auszunützen. In der Praxis begegnen einem laufend Fälle, in denen das an sich geltende Subsidiaritätsprinzip vom Staatsanwalt beiseitegeschoben wird. Die Gerichte überprüfen das praktisch nie. Das BÜPF stellt ein Buffet mit reicher Auswahl zur Verfügung.
Inwieweit sich die Strafverfolger daran bedienen werden, wird vor allem von zwei Faktoren bestimmt werden: Appetit ist immer da. Begrenzt werden wird dieser vor allem von den Überwachungskosten - allerdings auch das nicht immer, wie die Praxis bei den Antennensuchläufen zeigt. Im Mordfall von Rupperswil hat ein Suchlauf, der Zehntausende von Personen betroffen hat, zu einer astronomischen Rechnung geführt. Auf der anderen Seite wird diese Art von Rasterfahndung auch für vergleichsweise geringfügige Delikte wie Sachbeschädigung eingesetzt. Wir müssen damit mit mehr Überwachung rechnen und sollten dabei eines nicht vergessen: Überwacht werden auch Unschuldige. Denn wenn feststeht, wer die schuldige Person ist, braucht es die Überwachung nicht.
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