Bundesgerichtsentscheid zu Kontensperren

17. Dezember 2014

Bun­des­ge­richt

Tri­bu­nal fédéral

Tri­bu­na­le fe­dera­le

Tri­bu­nal fe­deral

{T 0/2}

1B_210/2014

Ur­teil vom 17. De­zem­ber 2014

I. öf­fent­lich-recht­li­che Ab­tei­lung

Be­set­zung

Bun­des­rich­ter Fon­jal­laz, Prä­si­dent,

Bun­des­rich­ter Ae­mi­seg­ger, Chaix,

Ge­richts­schrei­ber Fors­ter.

Ver­fah­rens­be­tei­lig­te

1. A. SA,

2. B. Ltd.,

3. C. Ltd.,

4. D. Ltd.,

5. E. Ltd.,

6. F. Ltd.,

Be­schwer­de­füh­re­rin­nen,

al­le ver­tre­ten durch Rechts­an­walt

Dr. Hans-Pe­ter Schaad,

ge­gen

Schwei­ze­ri­sche Bun­des­an­walt­schaft, Tau­ben­stras­se 16, 3003 Bern.

Ge­gen­stand

Kon­ten­sper­ren,

Be­schwer­de ge­gen den Be­schluss vom 8. Mai 2014

des Bun­des­straf­ge­richts, Be­schwer­de­kam­mer.

Sach­ver­halt:

A.

Die Bun­des­an­walt­schaft führt ei­ne Straf­un­ter­su­chung ge­gen G. we­gen Be­ste­chung frem­der Amts­trä­ger und Geld­wä­sche­rei. Am 15. Au­gust 2013 ver­füg­te sie die Sper­rung di­ver­ser Bank­kon­ten. Da­ge­gen er­ho­ben die von Kon­ten­sper­ren be­trof­fe­nen Fir­men A. SA, B. Ltd., C. Ltd., D. Ltd., E. Ltd. und F. Ltd. (nach­fol­gend: Be­schwer­de­füh­re­rin­nen) am 27. Sep­tem­ber 2013 Be­schwer­de beim Bun­des­straf­ge­richt. Am 10. Ok­to­ber 2013 ver­füg­te die Bun­des­an­walt­schaft die voll­stän­di­ge Frei­ga­be der auf die zweit-, dritt-, viert- und fünft­ge­nann­te Be­schwer­de­füh­re­rin lau­ten­den Kon­ten.

B.

Mit Be­schluss vom 8. Mai 2014 trat das Bun­des­straf­ge­richt, Be­schwer­de­kam­mer, auf die Be­schwer­de nicht ein.

C.

Ge­gen den Be­schluss des Bun­des­straf­ge­rich­tes ge­lang­ten die Be­schwer­de­füh­re­rin­nen mit Be­schwer­de vom 10. Ju­ni 2014 an das Bun­des­ge­richt. Sie be­an­tra­gen die Auf­he­bung des an­ge­foch­te­nen Ent­schei­des und die Rück­wei­sung der Sa­che zur Neu­be­ur­tei­lung. Die Bun­des­an­walt­schaft und das Bun­des­straf­ge­richt ver­zich­te­ten am 18. bzw. 23. Ju­ni 2014 je auf Stel­lung­nah­men.

Er­wä­gun­gen:

1.

Die Sa­chur­teils­vor­aus­set­zun­gen von Art. 79 ff. BGG sind er­füllt und ge­ben zu kei­nen Be­mer­kun­gen An­lass.

2.

Im an­ge­foch­te­nen Ent­scheid wird (im We­sent­li­chen zu­sam­men­ge­fasst) Fol­gen­des er­wo­gen: Die Bun­des­an­walt­schaft (BA) ha­be ih­re Ver­fü­gung vom 15. Au­gust 2013 der kon­ten­füh­ren­den Bank er­öff­net, oh­ne die­ser ein Mit­tei­lungs­ver­bot ge­gen­über den be­trof­fe­nen Kon­ten­in­ha­be­rin­nen auf­zu­er­le­gen. Die Bank sei le­dig­lich an­ge­wie­sen wor­den, mit der BA Kon­takt auf­zu­neh­men, falls sie von den Be­schwer­de­füh­re­rin­nen ei­nen Auf­trag er­hiel­te, der in­fol­ge der Kon­ten­sper­ren nicht hät­te aus­ge­führt wer­den dür­fen. Die BA ha­be we­der den (im Aus­land do­mi­zi­lier­ten) Be­schwer­de­füh­re­rin­nen noch de­ren be­voll­mäch­tig­ten Rechts­ver­tre­ter in der Schweiz ei­ne Ko­pie ih­rer Ver­fü­gung zu­ge­stellt. Eben­so we­nig ha­be sie die Be­schwer­de­füh­re­rin­nen auf­ge­for­dert, ein Zu­stel­lungs­do­mi­zil in der Schweiz zu be­zeich­nen. So­weit kei­ne Ge­heim­hal­tungs­grün­de im Vor­der­grund stan­den, wä­ren (ge­stützt auf Art. 199 StPO) da­her auch die Be­schwer­de­füh­re­rin­nen selbst über die Kon­ten­sper­ren zu ori­en­tie­ren ge­we­sen. Dem­entspre­chend hät­te die BA (laut Vor­in­stanz) "nach Art. 87 Abs. 2 StPO vor­ge­hen müs­sen". Man­gels for­mel­ler Mit­tei­lung sei für die Aus­lö­sung der Be­schwer­de­frist "auf den Zeit­punkt der Kennt­nis­nah­me ab­zu­stel­len". Laut ei­ner Te­le­fon­no­tiz der BA, wel­che sie den Be­schwer­de­füh­re­rin­nen und de­ren Rechts­ver­tre­ter al­ler­dings nicht un­mit­tel­bar zur Kennt­nis ge­bracht ha­be, sei der Rechts­ver­tre­ter am 21. Au­gust 2013 te­le­fo­nisch über die Kon­ten­sper­ren in­for­miert wor­den. Die­ser be­strei­te zwar den In­halt der Te­le­fon­no­tiz in ver­schie­de­ner Hin­sicht. Er ha­be je­doch er­klärt, dass er ei­ne Ko­pie der frag­li­chen Ver­fü­gung ver­langt und ei­ne Frei­ga­be ei­nes Be­tra­ges von Fr. 100'000.-- auf den ge­sperr­ten Kon­ten be­an­tragt ha­be. Un­ter die­sen Um­stän­den dür­fe da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass der Rechts­ver­tre­ter "spä­tes­tens am 21. Au­gust 2013" von den Kon­ten­sper­ren Kennt­nis er­hal­ten ha­be. Vom Ge­gen­stand des Straf­ver­fah­rens ge­gen den Be­schul­dig­ten ha­be der Rechts­ver­tre­ter der Be­schwer­de­füh­re­rin­nen mit ein­ge­schrie­be­nem Brief vom 3. Sep­tem­ber 2013 Kennt­nis er­langt. Die am 27. Sep­tem­ber 2013 er­ho­be­ne Be­schwer­de sei ver­spä­tet.

3.

Die Be­schwer­de­füh­re­rin­nen ma­chen gel­tend, die Kon­ten­sper­ren sei­en nicht dring­lich ge­we­sen, wes­halb kein An­lass für ei­ne bloss münd­li­che Vor­ab-Er­öff­nung an sie bzw. an ih­ren Rechts­ver­tre­ter be­stan­den ha­be. Ei­ne Ge­heim­hal­tung der Zwangs­mass­nah­men (ge­gen­über ih­nen, den Kon­ten­in­ha­be­rin­nen) sei eben­falls nicht an­ge­ord­net wor­den. Nach den Be­stim­mun­gen der StPO hät­te da­her ei­ne schrift­li­che Er­öff­nung an sie oder ih­ren Rechts­bei­stand er­fol­gen müs­sen. Dies gel­te um­so mehr, als ihr Rechts­ver­tre­ter bei der te­le­fo­ni­schen Un­ter­re­dung vom 21. Au­gust 2013 mit Ver­tre­tern der BA noch kei­ne Kennt­nis er­hal­ten ha­be, wel­che Kon­ten von wel­chen (nicht be­schul­dig­ten) Kon­ten­in­ha­be­rin­nen in wel­chem Um­fang ge­sperrt wor­den wa­ren. Aus­ser­dem sei ihr Rechts­bei­stand da­mals von der BA noch gar nicht als be­voll­mäch­tig­ter Rechts­ver­tre­ter an­er­kannt wor­den. Sie, die Be­schwer­de­füh­re­rin­nen, hät­ten die Kon­ten­sper­re­ver­fü­gung vom 15. Au­gust 2013 bis­her noch nie zu Ge­sicht be­kom­men. Auch im Be­schwer­de­ver­fah­ren vor dem Bun­des­straf­ge­richt sei die Ver­fü­gung (trotz ent­spre­chen­den Ak­ten­ein­sichts­be­geh­ren) den Ak­ten nicht bei­ge­legt wor­den. Die Be­schwer­de an das Bun­des­straf­ge­richt hät­ten sie am 27. Sep­tem­ber 2013 ein­ge­reicht, nach­dem sie am 19. Sep­tem­ber 2013 ei­ne FAX-Ko­pie des Voll­zugs­pro­to­kolls (be­tref­fend die Kon­ten­sper­ren) von der voll­zie­hen­den Bank er­hal­ten hät­ten. Die­ses Do­ku­ment ha­be kei­ne Be­grün­dung ent­hal­ten. Da­mit ha­be (ent­ge­gen der An­sicht der Vor­in­stanz) die zehn­tä­gi­ge Be­schwer­de­frist am 27. Sep­tem­ber 2013 noch nicht ab­ge­lau­fen ge­we­sen sein kön­nen. Der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid ver­stos­se ins­be­son­de­re ge­gen Art. 85 Abs. 1, Art. 199, Art. 263 Abs. 2, Art. 384 und Art. 396 Abs. 1 StPO so­wie ge­gen das Ver­bot der for­mel­len Rechts­ver­wei­ge­rung.

4.

Die Straf­be­hör­den be­die­nen sich für ih­re Mit­tei­lun­gen der Schrift­form, so­weit das Ge­setz nichts Ab­wei­chen­des be­stimmt (Art. 85 Abs. 1 StPO). Die Zu­stel­lung er­folgt durch ein­ge­schrie­be­ne Post­sen­dung oder auf an­de­re Wei­se ge­gen Emp­fangs­be­stä­ti­gung, ins­be­son­de­re durch die Po­li­zei (Art. 85 Abs. 2 StPO). Die Be­schlag­nah­me ist mit ei­nem schrift­li­chen, kurz be­grün­de­ten Be­fehl an­zu­ord­nen. In drin­gen­den Fäl­len kann sie münd­lich an­ge­ord­net wer­den, ist aber nach­träg­lich schrift­lich zu be­stä­ti­gen (Art. 263 Abs. 2 StPO). Die Be­schlag­nah­me ei­ner For­de­rung wird der Schuld­ne­rin oder dem Schuld­ner an­ge­zeigt, mit dem Hin­weis, dass ei­ne Zah­lung an die Gläu­bi­ge­rin oder den Gläu­bi­ger die Schuld­ver­pflich­tung nicht tilgt (Art. 266 Abs. 4 StPO). Durch Ver­fah­rens­hand­lun­gen be­schwer­ten Drit­ten, die in ih­ren Rech­ten un­mit­tel­bar be­trof­fen wer­den, ste­hen die zur Wah­rung ih­rer In­ter­es­sen er­for­der­li­chen Ver­fah­rens­rech­te ei­ner Par­tei zu (Art. 104 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 lit. f StPO). Par­tei­en und Rechts­bei­stän­de mit Wohn­sitz, ge­wöhn­li­chem Auf­ent­halts­ort oder Sitz im Aus­land ha­ben in der Schweiz ein Zu­stel­lungs­do­mi­zil zu be­zeich­nen; vor­be­hal­ten blei­ben staats­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen, wo­nach Mit­tei­lun­gen di­rekt zu­ge­stellt wer­den kön­nen (Art. 87 Abs. 2 StPO). Wenn ei­ne Par­tei oder ihr Rechts­bei­stand mit Wohn­sitz, ge­wöhn­li­chem Auf­ent­halts­ort oder Sitz im Aus­land kein Zu­stel­lungs­do­mi­zil in der Schweiz be­zeich­net hat, er­folgt die Zu­stel­lung durch Ver­öf­fent­li­chung in dem durch den Bund oder den Kan­ton be­zeich­ne­ten Amts­blatt (Art. 88 Abs. 1 lit. c StPO). Mit­tei­lun­gen an Par­tei­en, die ei­nen Rechts­bei­stand be­stellt ha­ben, wer­den rechts­gül­tig an die­sen zu­ge­stellt (Art. 87 Abs. 3 StPO). Ist ei­ne Zwangs­mass­nah­me schrift­lich an­zu­ord­nen und ist sie nicht ge­heim zu hal­ten, so wird den di­rekt be­trof­fe­nen Per­so­nen ge­gen Emp­fangs­be­stä­ti­gung ei­ne Ko­pie des Be­fehls und ei­nes all­fäl­li­gen Voll­zugs­pro­to­kolls über­ge­ben (Art. 199 StPO). Die Ver­fah­rens­lei­tung kann die Pri­vat­klä­ger­schaft und an­de­re Ver­fah­rens­be­tei­lig­te und de­ren Rechts­bei­stän­de (un­ter Hin­weis auf Art. 292 StGB) ver­pflich­ten, über das Ver­fah­ren und die da­von be­trof­fe­nen Per­so­nen Still­schwei­gen zu be­wah­ren, wenn der Zweck des Ver­fah­rens oder ein pri­va­tes In­ter­es­se es er­for­dert. Die­se Ver­pflich­tung ist zu be­fris­ten (Art. 73 Abs. 2 StPO).

Ge­gen Ver­fah­rens­hand­lun­gen der Staats­an­walt­schaft ist die Be­schwer­de zu­läs­sig (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO). Die Be­schwer­de ge­gen schrift­lich oder münd­lich er­öff­ne­te Ent­schei­de ist in­nert 10 Ta­gen schrift­lich und be­grün­det bei der Be­schwer­de­instanz ein­zu­rei­chen (Art. 396 Abs. 1 StPO). Ge­mäss Art. 384 StPO be­ginnt die Rechts­mit­tel­frist im Fal­le ei­nes Ur­teils (lit. a) mit der Aus­hän­di­gung oder Zu­stel­lung des schrift­li­chen Dis­po­si­tivs, bei an­dern Ent­schei­den (lit. b) mit der Zu­stel­lung des Ent­schei­des, und bei ei­ner nicht schrift­lich er­öff­ne­ten Ver­fah­rens­hand­lung (lit. c) mit der Kennt­nis­nah­me.

5.

5.1. Im vor­lie­gen­den Fall ist un­be­strit­ten, dass die Kon­ten­sper­re-Ver­fü­gung vom 15. Au­gust 2013 den Be­schwer­de­füh­re­rin­nen und ih­rem Rechts­bei­stand nicht förm­lich er­öff­net wur­de. Die Vor­in­stanz und die BA stel­len sich auf den Stand­punkt, der Rechts­bei­stand sei am 21. Au­gust 2013 über die Kon­ten­sper­ren te­le­fo­nisch ori­en­tiert wor­den. Mit die­ser "Kennt­nis­nah­me" sei die Be­schwer­de­frist aus­ge­löst wor­den, wes­halb die am 27. Sep­tem­ber 2013 er­ho­be­ne Be­schwer­de ver­spä­tet sei.

5.2. Es kann of­fen blei­ben, ob ei­ne münd­li­che Er­öff­nung der Ver­fü­gung am 21. Au­gust 2013 (ge­stützt auf ei­ne blos­se Te­le­fon­no­tiz, die we­der den Be­schwer­de­füh­re­rin­nen noch ih­rem Rechts­ver­tre­ter no­ti­fi­ziert wur­de) über­haupt rechts­ge­nüg­lich er­stellt wä­re: Zwar kön­nen Kon­ten­sper­ren (und an­de­re pro­vi­so­ri­sche Ver­mö­gens­be­schlag­nah­mun­gen) den di­rekt Be­trof­fe­nen in drin­gen­den Fäl­len auch vor­ab münd­lich er­öff­net wer­den. Die münd­li­che Ver­fü­gung ist dann aber nach­träg­lich noch schrift­lich zu be­stä­ti­gen (Art. 263 Abs. 2 Satz 2 StPO), und die Be­schwer­de­frist von Art. 396 Abs. 1 StPO wird erst durch die­se nach­träg­li­che schrift­li­che Er­öff­nung (mit Rechts­mit­tel­be­leh­rung) aus­ge­löst (Art. 384 lit. b i.V.m. Art. 263 Abs. 2, Art. 199 und Art. 85 Abs. 1 StPO; vgl. Pa­trick Gui­don, in: Bas­ler Kom­men­tar StPO, 2. Aufl., Ba­sel 2014, Art. 396 N. 1; Ste­fan Heim­gart­ner, in: Zür­cher Kom­men­tar StPO, 2. Aufl., Zü­rich 2014, Art. 263 N. 25; An­dre­as Kel­ler, in: Zür­cher Kom­men­tar StPO, 2. Aufl., Zü­rich 2014, Art. 396 N. 2; Sa­ve­rio Lem­bo/An­ne Valéry Ju­len Berthod, in: Com­men­taire ro­mand CPP, Ba­sel 2011, Art. 263 N. 34; Ni­k­laus Schmid, Pra­xis­kom­men­tar StPO, 2. Aufl., Zü­rich 2013, Art. 384 N. 4-5; Mar­tin Zieg­ler/Ste­fan Kel­ler, in: Bas­ler Kom­men­tar StPO, 2. Aufl., Ba­sel 2014, Art. 384 N. 3).

5.3. Dass die Kon­ten­sper­ren (nach ih­rem Voll­zug durch die kon­ten­füh­ren­de Bank) ge­gen­über den Be­schwer­de­füh­re­rin­nen "ge­heim" zu hal­ten ge­we­sen wä­ren (vgl. Art. 199 i.V.m. Art. 73 Abs. 2 StPO), wird we­der von der BA noch von der Vor­in­stanz dar­ge­legt. Wie sich aus den Ak­ten er­gibt, wur­de der Bank kein Mit­tei­lungs­ver­bot ge­gen­über den Kon­ten­in­ha­be­rin­nen auf­er­legt. Eben­so we­nig wur­de ei­ne be­fris­te­te Ge­heim­hal­tungs­ver­fü­gung (Art. 73 Abs. 2 StPO) er­las­sen. Die Vor­in­stanz und die BA stel­len sich auf den Stand­punkt, der Rechts­bei­stand der di­rekt Be­trof­fe­nen sei am 21. Au­gust 2013 te­le­fo­nisch über die Kon­ten­sper­ren in­for­miert wor­den. Spä­tes­tens ab die­sem Zeit­punkt konn­ten die Zwangs­mass­nah­men, wenn über­haupt, nicht mehr als "ge­heim" gel­ten und dräng­te sich die ge­setz­lich vor­ge­schrie­be­ne schrift­li­che Er­öff­nung an die Be­schwer­de­füh­re­rin­nen bzw. ih­ren be­voll­mäch­tig­ten Rechts­ver­tre­ter auf (Art. 85 Abs. 1, Art. 87 Abs. 3, Art. 199 und Art. 263 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. 73 Abs. 2 Satz 2 StPO).

5.4. Die ge­gen­tei­li­gen Er­wä­gun­gen im an­ge­foch­te­nen Ent­scheid stüt­zen sich auf ei­ne nicht ein­schlä­gi­ge alt­recht­li­che Pra­xis (zum BStP bzw. IRSG), wel­che mit den hier an­wend­ba­ren Vor­schrif­ten der StPO nicht ver­ein­bar ist (vgl. auch Pa­trick Gui­don, Die Be­schwer­de ge­mäss Schwei­ze­ri­scher Straf­pro­zess­ord­nung, Diss. SG 2011, S. 208 f., Rz. 440). Die dar­ge­leg­te ge­setz­li­che Re­ge­lung muss ge­ra­de auch im vor­lie­gen­den Fall gel­ten: Zum ei­nen ver­säum­te es die BA (auch laut den Er­wä­gun­gen im an­ge­foch­te­nen Ent­scheid), ge­mäss den Vor­schrif­ten von Art. 87 Abs. 2-3, Art. 88 Abs. 1 lit. c, Art. 199 und Art. 263 Abs. 2 StPO vor­zu­ge­hen (schrift­li­che Er­öff­nung der Kon­ten­sper­ren ge­gen­über den di­rekt be­trof­fe­nen Kon­ten­in­ha­be­rin­nen). Zum an­de­ren will die BA in ih­rer münd­li­chen Er­öff­nung an den Rechts­ver­tre­ter nur in­di­rek­te und pau­scha­le An­ga­ben zu den be­trof­fe­nen Kon­ten und Kon­ten­in­ha­be­rin­nen ge­macht ha­ben. Sol­che sum­ma­ri­schen An­ga­ben konn­ten zum Vorn­her­ein kei­ne aus­rei­chen­de Ba­sis für ei­ne sub­stan­zi­ier­te all­fäl­li­ge Be­schwer­de bil­den, wel­che (nach Art. 396 Abs. 1 StPO) in­nert 10 Ta­gen für di­ver­se be­trof­fe­ne (nicht be­schul­dig­te) Kon­ten­in­ha­be­rin­nen hät­te ein­ge­reicht wer­den müs­sen. Der in der StPO (und auch in der Bun­des­ver­fas­sung) ge­währ­leis­te­te An­spruch auf wirk­sa­men Rechts­schutz ge­gen Ver­mö­gens­be­schlag­nah­mun­gen ver­langt ei­ne an­fecht­ba­re schrift­li­che Ver­fü­gung (Art. 199 und Art. 263 Abs. 2 StPO). Der wirk­sa­me Rechts­schutz ist nur ge­währ­leis­tet, wenn die kur­ze 10-tä­gi­ge Be­schwer­de­frist nicht ab­läuft, noch be­vor die von den Zwangs­mass­nah­men di­rekt be­trof­fe­nen Per­so­nen aus­rei­chend in­for­miert sind. In­so­fern kann Art. 384 lit. c StPO grund­sätz­lich nur auf Ver­fah­rens­hand­lun­gen an­wend­bar sein, für die das Ge­setz kei­ne schrift­li­che Er­öff­nung (Art. 263 Abs. 2 und Art. 85 Abs. 1 StPO) vor­schreibt. Für Fäl­le wie den vor­lie­gen­den gilt (nach der oben dar­ge­leg­ten ein­hel­li­gen Leh­re) Art. 384 lit. b StPO.

5.5. Die Be­schwer­de­füh­re­rin­nen räu­men ein, dass sie am 19. Sep­tem­ber 2013 (Ein­gang ei­ner FAX-Ko­pie des Voll­zugs­pro­to­kolls der kon­ten­füh­ren­den Bank bei ih­rem Rechts­bei­stand) erst­mals aus­rei­chen­de Kennt­nis vom In­halt der Kon­ten­sper­ren (im Sin­ne von Art. 384 i.V.m. Art. 263 Abs. 2 StPO) er­hiel­ten. Am 27. Sep­tem­ber 2013 reich­ten sie ih­re Be­schwer­de beim Bun­des­straf­ge­richt ein. Die strei­ti­ge Be­schwer­de­frist wur­de so­mit ein­ge­hal­ten. Der an­ge­foch­te­ne Nicht­ein­tre­tensent­scheid er­weist sich als bun­des­rechts­wid­rig.

6.

Die Be­schwer­de ist gut­zu­heis­sen, der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid auf­zu­he­ben und die Be­schwer­de­sa­che zu­rück­zu­wei­sen zur Neu­be­ur­tei­lung durch die Vor­in­stanz.

Ge­richts­kos­ten sind nicht zu er­he­ben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Den an­walt­lich ver­tre­te­nen Be­schwer­de­füh­re­rin­nen ist (an­trags­ge­mäss) ei­ne an­ge­mes­se­ne Par­tei­ent­schä­di­gung zu­zu­spre­chen (Art. 68 BGG).

Dem­nach er­kennt das Bun­des­ge­richt:

1.

Die Be­schwer­de wird gut­ge­heis­sen, der Be­schluss vom 8. Mai 2014 des Bun­des­straf­ge­rich­tes, Be­schwer­de­kam­mer, wird auf­ge­ho­ben, und die Sa­che wird zur Neu­be­ur­tei­lung an die Vor­in­stanz zu­rück­ge­wie­sen.

2.

Es wer­den kei­ne Ge­richts­kos­ten er­ho­ben.

3.

Die Schwei­ze­ri­sche Eid­ge­nos­sen­schaft (Kas­se der Bun­des­an­walt­schaft) hat den Be­schwer­de­füh­re­rin­nen ei­ne Par­tei­ent­schä­di­gung von Fr. 2'500.-- (pau­schal, inkl. MWST) zu ent­rich­ten.

4.

Die­ses Ur­teil wird den Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten und dem Bun­des­straf­ge­richt, Be­schwer­de­kam­mer, schrift­lich mit­ge­teilt.

Lau­sanne, 17. De­zem­ber 2014

Im Na­men der I. öf­fent­lich-recht­li­chen Ab­tei­lung

des Schwei­ze­ri­schen Bun­des­ge­richts

Der Prä­si­dent: Fon­jal­laz

Der Ge­richts­schrei­ber: Fors­ter

 

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